Medien für den Lernerfolg


Im Porträt: Der Mildenberger Verlag

Kriegsende. Im zerstörten Deutschland galt es, wieder eine Zivilisation aufzubauen. Deshalb gründete General Schmittlein, Leiter der Education publique der französischen Besatzungsmächte in Deutschland, den „Lehrmittel-Verlag Offenburg-Mainz“ – denn er war sich der zentralen Bedeutung der Bildung bewusst. 1948 übernahmen drei deutsche Gesellschafter das Unternehmen, unter ihnen Dr. Franz Burda. Der Verlag deckte zu dieser Zeit den gesamten Bedarf an Lehr- und Lernmitteln für die französische Besatzungszone.

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Karl Mildenberger leitete den Verlag damals als Prokurist. 1953 kaufte er ihn – und nannte ihn „Karl Mildenberger Lehrmittelverlag“. In den Folgejahren war der Verlag kein reiner Schulbuchverlag mehr, sondern stellte auch Landkarten her, veröffentlichte Kunstbücher und führte Kaschier- und Konfektioniertätigkeiten aus.

Dieter Mildenberger, der Sohn des Gründers, hatte Volkswirtschaftslehre studiert und wollte 1967 gerade promovieren, als sein Vater verstarb. Der Sohn brach die Promotion ab und führte den Verlag weiter – und das, obwohl dessen wirtschaftliche Situation zu diesem Zeitpunkt nicht unbedingt vielversprechend war. Erst mit der Einführung der Mengenlehre im deutschen Schulsystem gelang es Dieter Mildenberger, den Schwerpunkt wieder auf das Schulbuchgeschäft zu legen und mit neuen Autoren im Grundschulmarkt Fuß zu fassen. 1989 war sein Sohn Frank ins Geschäft eingestiegen. Mit der Wiedervereinigung 1990 macht der Verlag einen „Wachstumsschub“ – die Qualität der Materialien überzeugt die Verantwortlichen in den neuen Bundesländern. Frank Mildenberger übernahm 2009 die Zügel als alleiniger Geschäftsführer.

Er führte in den 1990-er Jahren das Desktop-Publishing ein und holte damit die gesamte Herstellungskette von der Idee bis zu den fertigen Druckdaten in den Verlag. Außerdem öffnete er den Verlag auch für digitale Medien und baute die Redaktion auf. Das machte einen großen Sprung in der Produktivität möglich.

2017 zog der Verlag in ein neues Gebäude. Mehrere Standorte wurden zusammengelegt. Geschäftsführung, Redaktion, Online-Redaktion, Grafik, Einkauf, Auftragsbearbeitung, Personalabteilung und Buchhaltung sind nun unter einem Dach vereint. Nur das Lager blieb am alten Standort. Der verkehrsgünstig gelegene Neubau verbessert durch kurze Wege die interne Kommunikation und schafft Synergieeffekte. Mit dem Umzug wurden außerdem die Weichen gestellt für ein weiteres Wachstum des Schulbuchverlages.

So wird das Familienunternehmen heute in der dritten Generation geführt und ist außerdem einer der letzten kleinen inhabergeführten Verlage für Lehr- und Lernmaterialien in Deutschland. Diese Unabhängigkeit hat viele Vorteile: Kunden und Autoren schätzen die kurzen Wege für Fragen, Informationen und Hilfestellungen. Von den Büchern über die vielfältigen Materialien bis zu den neuen Medien Software, Internet und Apps orientiert sich alles am effizienten Lernen mit Spaß. Schüler und Lehrkräfte können sich auf das Wesentliche konzentrieren. Motivierende Lernerfolge vermitteln die wichtigste Erfahrung: den Spaß am Lernen.

Heute umfasst das Verlagsprogramm ca. 2.250 Atikel, darunter einige Standardwerke wie der „Keller-Pfaff “ im Fach Mathematik oder „RONDO“ in Musik. Auch „Mathetiger“ und „ABC der Tiere“ mit der Silbenmethode sind längst Klassiker. Das Sortiment wird ständig erweitert, immer unter dem Motto, dass Lehren und Lernen für Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler Spaß macht!


„Schulbücher sind mein Leben“

Im Gespräch mit Geschäftsführer Frank Mildenberger

Wie entstand der Verlag – und wie war es, in einer Verlegerfamilie aufzuwachsen?

Ursprünglich gehörte der Verlag zum Hause Burda und veröffentlichte direkt nach dem Krieg auf Wunsch der französischen Aufsichtsbehörden Schulbücher. Mein Großvater, der Prokurist des Verlages war, hat ihn 1953 gekauft und sich damit selbstständig gemacht.

In den Folgejahren war es kein reiner Schulbuchverlag mehr, sondern er hat auch Landkarten hergestellt, Kunstbücher veröffentlicht oder Kaschier- und Konfektioniertätigkeiten ausgeführt.

Mein Vater hatte Volkswirtschaftslehre studiert und wollte gerade promovieren, als mein Großvater verstarb. Er hat dann die Promotion abgebrochen und den Verlag weitergeführt, obwohl die wirtschaftliche Situation des Unternehmens zu diesem Zeitpunkt nicht sehr vielversprechend war.

Erst mit der Einführung der Mengenlehre ins deutsche Schulsystem ist es meinem Vater gelungen, den Schwerpunkt wieder auf das Schulbuchgeschäft zu legen und mit neuen Autoren im Grundschulmarkt Fuß zu fassen. Dies war der Startschuss für den Mathematiklehrgang Keller-Pfaff, der bis heute sehr erfolgreich ist.

Ich kann mich noch an den zweiten Verlagsstandort in der Rheinstraße in Offenburg erinnern, in der es eine Siebdruckerei für die Herstellung der Landkarten gab. Außerdem waren dort Lagerräume mit interessanten Artikeln wie Tierpräparate für den Biologieunterricht und viele Bücher. Als Kind beschränkte sich meine Teilhabe am Verlagsleben aber auf kleine Klebe- und Konfektioniertätigkeiten in Heimarbeit, mit der ich mir das Taschengeld aufbessern konnte.

Wollten Sie schon als Kind die Firma übernehmen?

Weil es in der Vorgeschichte des Verlages auch schwierige Zeiten gab, hat mein Vater nie versucht, mich oder meine Schwestern in unseren Berufswünschen zu beeinflussen. Mein erster Berufswusch war Archäologe, weshalb ich mich für ein humanistisches Gymnasium entschied und Latein und Altgriechisch lernte. Doch mit 15 Jahren fand ich die Beschäftigung mit der Archäologie nicht mehr so spannend, sondern interessierte mich für Biologie und Naturwissenschaften. Mein neuer Berufswunsch war Mikrobiologe. Leider oder Gott sei Dank erhielt ich nicht gleich den gewünschten Studienplatz und nutzte das Jahr Wartezeit, um im Verlag an den verschiedensten Positionen tätig zu werden.

Nachdem ich als Kind kleine Tätigkeiten für den Verlag durchgeführt und ab dem Alter von 15 Jahren in den Ferienzeiten immer im Auslieferungslager mitgearbeitet hatte, bekam ich jetzt in der Auftragserfassung, in der Buchhaltung und im Lektorat genauere Einblicke in das Verlagsgeschäft.

Nach diesem Jahr habe ich mich dann entschlossen, Betriebswirtschaftslehre zu studieren, da mich jetzt das Entwickeln, Herstellen und Verkaufen von Dingen mehr interessierte als Mikrobiologie. Ich arbeitete dann auch immer wieder in den Semesterferien im Verlag und realisierte erste eigene Projekte. Doch erst nach Abschluss des Studiums mit dem Schwerpunkt verhaltenswissenschaftliche Marketingforschung und einer längeren Zeit der freien Mitarbeit an der Hochschule fiel dann die endgültige Entscheidung, in den Verlag einzusteigen.

Wie läuft das Entwickeln und Verlegen von Schulbüchern und anderen Bildungsmedien ab?

Zu Beginn waren wir ein reiner Autorenverlag. Autoren kamen auf uns zu oder wir haben sie „entdeckt“ und mit ihnen zusammen aus ihren Ideen verkaufsfähige Produkte entwickelt. Mittlerweile haben wir auch eine starke Redaktion, die eigene Konzepte erstellt, für die wir dann Autoren suchen.

Unsere Autoren sind immer Persönlichkeiten, meist mit eigenen Erfahrungen als Lehrkraft und mit starken, klaren Konzepten.

Der Kontakt zum Autor der Silbenmethode kam beispielsweise über einen Mitarbeiter zustande, der die entsprechende Schule besuchte. Wir waren damals gerade auf der Suche nach einem neuen Lehrwerk für Deutsch und erkannten schnell die Vorzüge dieses Konzeptes. Nach einer einjährigen Erprobung in verschiedenen Schulklassen ging es dann an die konkrete Umsetzung.

Die Entwicklung eines Lehrganges ist sehr zeitaufwändig, kostspielig und hört eigentlich nie auf. Die Ideen und Vorstellungen der Autoren, die Lehrpläne und Anforderungen der verschiedenen Kultusministerien, die Wünsche und Erwartungen der Lehrerinnen und Lehrer müssen zu einem stimmigen Ganzen zusammengefügt werden. Dabei geht es nicht nur um das eigentliche Schulbuch, dazu gehören auch Arbeitshefte, Trainingshefte, digitale Produkte, Lehrerhandbücher usw. Neben den Redakteuren, die das Projekt steuern, sind viele andere Menschen nötig, um dies alles zu realisieren: Setzer und Grafiker, Illustratoren, Fotografen, Multimediadesigner, Programmierer … Und spätestens nach 5 Jahren sollte eine Neubearbeitung erscheinen, um weiterhin erfolgreich zu bleiben.

Was ist reizvoll am Verlegen von Bildungsmedien?

Dass man im besten Fall Kinder in ihrer geistigen Entwicklung unterstützen kann. Bildung ist eines der wichtigsten Güter einer Gesellschaft. Mit guten Bildungsmedien daran mitzuwirken, die Potenziale der Kinder zur Entfaltung zu bringen, ist eine sinnvolle, wichtige Aufgabe, die mir Freude macht. Wir unterstützen mit unseren Produkten jedes Jahr sicher ein Drittel aller deutschen Grundschüler beim Lernen.

Und was macht das Verlegen von Bildungsmedien schwierig?

Oft werden bildungspolitische Entscheidungen ohne vorherige Evaluation getroffen. Bildungspolitik ist oft vom Zeitgeist getrieben, und nicht immer ist jede Neuerung auch wirklich eine Verbesserung für die LehrerInnen und/oder die SchülerInnen. Auch ist die Zeit, die bleibt, um gute Konzepte zu entwickeln immer kürzer geworden: oft ist der am erfolgreichsten, der ganz schnell am Markt ist.

Zudem wird in Deutschland zu wenig Geld in Bildung investiert und die Schulen haben oft mit engen Budgets zu kämpfen.

Welche Vorteile sollen die Kunden mit den Produkten haben?

Im Zentrum all unserer Überlegungen stehen die Schülerinnen und Schüler. Wir überlegen uns, mit welchen Konzepten möglichst alle möglichst viel lernen können. Da unserer Meinung nach im Zentrum jedes guten und erfolgreichen Unterrichts aber immer der Lehrer steht, möchten wir diesen mit unseren Produkten so gut es geht bei seiner Arbeit unterstützen.

Lehrer haben schließlich eine wichtige Aufgabe und müssen vielen Anforderungen gerecht werden. Wir wollen mit den Produkten den Lehreralltag leichter machen.

Jeder Betrieb muss mit der Zeit gehen. Welche Notwendigkeiten haben Sie für Ihren Verlag erkannt und umgesetzt?

Ich war in allen Bereichen des Verlages tätig: vom Lager über die Auftragsbearbeitung bis hin zur eigentlichen Herstellung der Bücher. Ich weiß nicht nur theoretisch Bescheid, sondern habe auch praktisch die Dinge realisiert. Durch meine umfassende Ausbildung habe ich gelernt, dass nicht nur die Entwicklung immer neuer und guter Produkte wichtig ist, sondern auch, die Kunden ausreichend darüber zu informieren. Mit der Einführung des Desktop-Publishing in den 1990-er Jahren habe ich die gesamte Herstellungskette von der Idee bis zu den fertigen Druckdaten in den Verlag geholt. Zudem habe ich den Verlag auch für digitale Medien geöffnet – und die Redaktion aufgebaut, die die Vielzahl der heutigen Produkte erst möglich macht.

Grundsätzlich ist es mir wichtig, das Unternehmen weiter zu entwickeln und auf die zukünftigen Herausforderungen einzustellen. Deshalb hören wir genau zu, was Kunden uns sagen und haben eine Unternehmenskultur, die Veränderungen nicht als Risiko, sondern als Chance begreift.

Wenn Sie von Veränderung sprechen, wie sehen Sie denn die Bedeutung der digitalen Medien in der Schule?

Digitale Medien sind ein fester Bestandteil unseres Alltags geworden. Kinder wachsen von klein auf in unsere digitalisierte Welt hinein und Schulen haben den Auftrag erhalten, neben der Vermittlung der Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen auch die Vermittlung von Medienkompetenz zu gewährleisten. Kinder sollen einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien erlernen. Digitale Medien sind für mich also eine wichtige Ergänzung der herkömmlichen Medien im Unterricht, sie können diese in absehbarer Zeit aber nicht ersetzen. Ziel sollte es sein, die unterschiedlichen Medien – klassische und digitale – sinnvoll in den Unterricht zu integrieren, immer unter der Prämisse, dass das Kind im Mittelpunkt steht und nicht der Computer.

Wie läuft das Geschäft, seit Sie mit dabei sind? Gibt es Höhen und Tiefen?

Von Tiefen kann ich glücklicherweise nicht berichten. Im Gegenteil: Wir wachsen seit 30 Jahren kontinuierlich aus uns selbst heraus, vergrößern die Mitarbeiterzahl, erweitern stetig das Sortiment, verkaufen mehr Produkte … Dass nicht jede Idee ein Erfolg wird, gehört zum Verlagswesen dazu.

Was ist Ihr persönliches Credo?

Wir sind nun seit drei Generationen ein Familienbetrieb. Gute Produkte für unsere Kunden, eine gute Zusammenarbeit mit unseren Autoren und gute Bedingungen für unsere Mitarbeiter waren und sind uns wichtiger als die Maximierung des Gewinns. Insgesamt ist mein Credo: Möglichst das Beste geben!

Wir werden auch weiterhin alles tun, um als einer der wenigen „kleinen“ Verlage, die noch inhabergeführt sind, unseren Kunden gerecht zu werden.